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Tübingen

Foto: RTF.1
Bahnbrechender Fund - Neuer Vorfahr des Menschen in Europa entdeckt

Die Wiege der Menschheit liegt in Afrika - zumindest wurde das bisher angenommen. Neueste Funde des internationalen Forschungsteams um die Tübinger Professorin Madelaine Böhme zeigen, dass der aufrechte Gang und die gemeinsamen Vorfahren des Menschen und der Menschenaffen, sich möglicherweise doch in Europa entwickelt haben könnten. Bei einer Pressekonferenz stellte die renommierte Geowissenschaftlerin und Paläontologin die im Ost-Allgäu (Bayern) gefundenen versteinerten Überreste ihres aufregenden Fundes und die daraus gezogenen Erkenntnisse vor.

Ein bedeutender Moment für Paläontologin Böhme und ihr Team – die Funde des neu entdeckten europäischen Vorfahren des Menschen, dem Danuvius guggenmosi, werden endlich der Öffentlichkeit präsentiert.

Die neue Gattung, die aus den Grabungen in der Tongrube „Hammerschmiede" im Ost-Allgäu bei Kaufbeuren stammen, konnte mit bislang 38 Funden belegt werden.

Insgesamt haben die Forscher Teile von insgesamt vier Individuen der neuen Menschenaffen-Gattung „Danuvius guggenmosi" gefunden. Und diese zeigen Merkmale des zweibeinigen, aufrechten Ganges in einer Zeit, in der das bisher nicht für möglich gehalten wurde, nämlich vor 11,62 Millionen Jahren, erklärt Böhme.

Außerdem stammen die Fundes, dass der „Danuvius guggenmosi" aus einem deutschen oder europäischen Ökosystem stamme und eben nicht aus Ostafrika, wie es bisher vermutet wurde, so Böhme.

Die bislang ältesten Belege für den aufrechten Gang sind sechs Millionen Jahre.

Dass Menschenaffen bereits vor rund zwölf Millionen Jahren über die Fähigkeit verfügten, auf zwei Beinen zu gehen, sei ein Meilenstein in der Paläoanthropologie und stelle die bisherige Sichtweise auf die Evolution der großen Menschenaffen und des Menschen grundlegend in Frage, erklärt Böhme weiter.

Der 17 bis 31 Kilo schwere und circa ein Meter große „Danuvius guggenmosi" besaß unter anderem einen breiten Brustkorb, eine funktional verlängerte Wirbelsäule sowie gestreckte Hüft- und Kniegelenke – eben wie ein Zweibeiner.

Andere Merkmale deuten wiederum daraufhin, dass er in Bäumen lebte und ein Schwinghangler war – eben wie ein Menschenaffe.

So ist der „Danuvius guggenmosi", der auch liebevoll „Udo" genannt wird, zwar aufrecht gegangen, sein Lebensraum waren dennoch die Bäume.

„Das heißt, es ist mittlerweile gar nicht mehr so ungewöhnlich zu sagen, dass der aufrechte Gang per se in den Bäumen entstand, aber das Rennen, also das was wir unter aufrechtem Rennen und zweibeinigen Rennen verstehen, das ist eine spätere Evolution und das kann durchaus in der Savanne entstanden sein. Aber der aufrechte Gang ist wahrscheinlich ein sehr, sehr altes Menschenaffenmerkmal", erklärt Böhme.

An der Studie waren neben Böhme auch weitere Wissenschaftler aus Bulgarien, Deutschland, Kanada und den USA beteiligt. Begonnen hatten die Grabungen 2011, die ersten Funde wurden 2015 gemacht.

In der Zeit zwischen 2015 und 2018 bargen Böhme und ihr Team aus der Tongrube „Hammerschmiede" mehr als 15.000 fossile Wirbeltierknochen. Und ein Ende ist nicht in Sicht.

„Wir werden weiter graben, wir möchten weiter graben und wir sind auch sicher, dass wir weitere spektakuläre Funde von dieser Art machen können. Uns fehlt beispielsweise ein Becken, ein kompletter Fuß wäre toll und ein kompletter Schädel natürlich erst recht", so Böhme.

Wer noch mehr über die bahnbrechende Entdeckung von Böhme und ihrem Team erfahren möchte und außerdem neugierig ist, warum der „Danuvius guggenmosi" den Spitzennamen „Udo" (nach Udo Lindenberg) bekommen hat, der sollte in das neue Buch „Wie wir Menschen wurden" einen Blick werfen. Dieses ist ab dem 11.November 2019 im Handel erhältlich.

Erstveröffentlichung: 06.11.2019-19:01 Uhr

Stand: 12.11.2019-09:02 Uhr


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